Aus der Presse


Sterbesessel Friedrichs des Großen muss in die Werkstatt der alte Fritz lässt Blicken


20. Juli 2004

Bezug verschlissen, Farbe abgeplatzt -
Hamburger Preußen-Verehrer bezahlt Restaurierung


Kurt Kallensee mit Sterbesessel Friedrich des Großen

Der Sterbesessel des Königs, bisher in Sanssouci zu sehen, steht jetzt zum Aufarbeiten in der Werkstatt, wo Kustodin Afra Schick und Restaurator Kurt Kallensee die Schäden begutachten
Foto: Gurlt
Von Dieter Weirauch

Potsdam - Könige mögen einsam sterben; ihr Tod ist aber stets von öffentlichem Interesse. Friedrich der Große ist ein herausragendes Beispiel dafür. Der ausladende Sessel, in welchem der König am 17. August 1786 um zwei Uhr in der Früh dahinschied, ist obligatorisches Requisit ein jeder Darstellung von Friedrichs Tod und bis heute im Schloss Sanssouci ein Höhepunkt der Führungen.

Eine Ikone der Alten-Fritz-Verehrung, und für manchen Besucher ist die Verehrung so weit gegangen, dass er vom kostbaren Stück nicht die Finger lassen konnte. Das hat Spuren hinterlassen. Das Tageslicht, das ins ehemalige Arbeitszimmer des Monarchen fällt, hat der Seidenbespannung ebenfalls zugesetzt. Verschlissen stand der Sessel zuletzt herum, irgendwie unwürdig.

Einen Preußenfan aus Hamburg rührte der miserable Zustand so an, dass er das Sitzmöbel jetzt auf seine Kosten restaurieren lässt. Nobel und diskret gibt er seinen Namen nicht preis.

Fachleute haben den Stuhl unter ihre Fittiche genommen. Der Potsdamer Holzrestaurator Kurt Kallensee verhilft dem Sessel in den nächsten Monaten wieder zu altem Glanz.

Friedrich hatte das Möbel erst im Juli 1786, einen Monat vor seinem Tod, von einem Tapezierer namens Gleisberger anfertigen lassen. So beweist es dessen Rechnung über 102 Taler und zwei Groschen. Ein kurz zuvor gelieferter anderer Sessel hatte den Ansprüchen des Königs offenbar nicht genügt und war zurückgeschickt worden. Der alte Herr entschied sich also für Gleisbergers Sessel mit apfelgrünem Atlasbezug und einer verstellbaren Rückenlehne. Wegen seiner schweren Gicht wollte Friedrich bequem sitzen und auch im Liegen seinen Regierungsgeschäften nachgehen können. Nicht mehr lange. "Friedrich hörte am 17. August auf zu leben, zu regieren aber erst am Tag vorher", schrieb der Franzose Graf Mirabeau, der 1786 in Berlin weilte.

Nachfolger Friedrich Wilhelm II. verschenkte den Sterbesessel an die Prinzessin Amalie von Preußen. 1810 wurde er in Berliner Zeitungen zum Verkauf angeboten und befand sich später im Besitz des Prinzen August von Preußen. 1843 gelangte das Stück nach Sanssouci zurück und wurde auf Befehl Friedrich Wilhelm IV. erneut im Sterbezimmer aufgestellt.

Zu dieser Zeit, so fand Afra Schick heraus, Kustodin der Möbelsammlung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, bestand der Bezug aus hellblauer, verblichener Leinwand. Rolle, Decke und Überdecke trugen karmesinroten Taft.

Die nächste Station war das neu gegründete Hohenzollern-Museum im Berliner Schloss Monbijou, wo der Sessel ab 1878 gezeigt wurde - ehe er 1923 wieder einmal nach Sanssouci zurückkehrte.

Letztmalig, so Thomas Kühn, leitender Holzrestaurator der Schlösserstiftung, wurde die Polsterung 1982 erneuert. Fest steht, dass die weiße Farbfassung nur vorsichtig ergänzt wird. Die Gebrauchsspuren des Sessels sollen weiterhin sichtbar bleiben.

Aufträge erhalten die Restauratoren sowohl von Sammlern, als auch von der Schlösserstiftung. "Wir bewerben uns auf Ausschreibungen und manchmal haben wir Glück", so Kurt Kallensee.

Info: Restauratoren werden u. a. an den Fachhochschulen in Berlin, Potsdam, Hildesheim, Köln und Erfurt ausgebildet. Außerdem gibt es einen Studiengang an der Technischen Universität München sowie an der Hochschule für Bildende Kunst Dresden.