Aus der Presse


Sterbesessel des Alten Fritz wird restauriert
der alte Fritz lässt Blicken

berliner Morgenpost 2. Januar 2005

Spezialanfertigung mit beweglicher Lehne


Kurt Kallensee mit Sterbesessel
Restaurator Kurt Kallensee kennt den Sessel buchstäblich in- und auswendig
Foto: Jäzosch
Von Dieter Weirauch

Potsdam - Die ehrfürchtige Betrachtung des Sessels, in welchem Friedrich der Große starb, ist Höhepunkt der Führung durch Schloß Sanssouci. Aber zur Zeit ist die Reliquie aushäusig.

Quasi skelettiert steht das Möbel beim Potsdamer Restaurator Kurt Kallensee. Ihn beauftragte die Schlösserstiftung mit der Restaurierung, die ein Hamburger Mäzen bezahlt. Kallensee hat dabei herausgefunden, daß die 16 handgezogenen Sprungfedern, die Gurte und Schmiedenägel noch die Originale von 1786 sind und daß jede der taillierten Federn "noch voll intakt" ist; bis dahin hatte man eine Umarbeitung der Federung in späteren Jahren angenommen. Lediglich die Polsterung über dem Federkern wurde verschiedentlich erneuert.

Friedrich hatte den Ohrensessel erst im Juli 1786, einen Monat vor seinem Tod, von einem Tapezierer Gleisberger anfertigen lassen, wie dessen Rechnung über 102 Taler und zwei Groschen beweist. Der Handwerker schuf sozusagen eine orthopädische Konstruktion, denn der an Gicht und Wassersucht leidende Monarch konnte nicht mehr im Bett liegen; er sollte auf seine letzten Tage im Sessel regieren, essen, schlafen - und sterben. Deshalb war die Sitzfläche in alle Richtungen verstellbar, und die Rückenlehne konnte abgesenkt werden.

Demnächst wird der berühmte Sessel von den Polsterern der Stiftung mit apfelgrüner Seide bezogen, und Kallensee nimmt sich des nächsten "staatstragenden" Sitzmöbels an, das in seiner Babelsberger Werkstatt wartet, ein Louis-XVI.-Ensemble. Die Messerschmitt-Stiftung hatte es bei Sotheby's für das märkische Schloß Meseberg ersteigert, das neue Gästehaus der Bundesregierung.